Bildung als Schlüssel für ein selbstbestimmtes Leben

Anastasiia Kurmann engagiert sich mit zwei Projekten für die Ukraine. Beim Projekt «Tausend Bücher» soll die Dorf- und Schulbibliothek in Putylovychi modernisiert und in einen Ort der Bildung verwandelt werden. Das Projekt «Treffpunkt Ukraine» in der Stadtbibliothek Winterthur ermöglicht Geflüchteten hilfreiche Begegnungen und Vernetzung. Beide Projekte zeigen erste Erfolge und sind inspirierende Beispiele für andere Bibliotheken.

In einem Raum der Dorf- und Schulbibliothek in Putylovychi (Ukraine) steht ein Regal mit Büchern. Daneben steht auf einem Tischchen eine Weltatlas-Kugel.
Ein erstes Etappenziel des Crowdfunding-Projektes ist bereits erreicht.

Anastasiia Kurmann ist Erziehungswissenschaftlerin und Bibliothekarin in Winterthur. Die Unterstützung ihres Heimatortes bei der Leseförderung ist ihr ein Herzensanliegen. Mit regelmässigen Besuchen hat sie sich auch im Ukraine-Krieg einen lebendigen Kontakt zur örtlichen Bibliothek und Schule bewahrt. Putylovychi liegt im Nordwesten der Ukraine und ist relativ sicher, zumal das Dorf wegen seiner kleinen Infrastruktur als Angriffsziel im Krieg wohl kaum interessant ist.

Die Bibliothek als inspirierender Bildungsort in schwierigen Zeiten

Gesamtziel des Crowdfunding-Projektes «Tausend Bücher» ist es, die veraltete Dorf- und Schulbibliothek in einen inspirierenden Bildungsort mit Book-Club, Vorlesezeiten und einem Lesesommer zu verwandeln. Ein erstes Etappenziel ist mit 1000 neuen Büchern und einem regelmässigen Veranstaltungsangebot zur Leseförderung bereits erreicht. Die Schulen von Nebendörfern sollen per Fernleihe am Bibliotheksbestand teilhaben. Und auch Kindern aus den Nachbardörfern wird mit einem Veranstaltungsbus das Angebot der Bibliothek ermöglicht – analog zum aktuellen Fahrdienst für die Buben beim Fussballtraining. Der Erfolg des Projektes ist der guten Vernetzung von Anastasiia Kurmann zu verdanken, die in Putylovychi aufgewachsen ist und dort eine grosse Wertschätzung geniesst. Ihre Mutter arbeitet in der Dorfschule und die Lehrerinnen aus der eigenen Kindheit sind immer noch Lehrpersonen in der Schule. Laut Anastasiia ist ihre Zuversicht in schwierigen Zeiten ihr Beitrag zum Frieden: «Ich kämpfe nicht mit Waffen, sondern mit Optimismus und meinem Engagement für Leseförderung in der Ukraine.»

Der «Treffpunkt Ukraine» als selbstorganisierte Informationsdrehscheibe in Winterthur

Der «Treffpunkt Ukraine»  wurde vom Team der Winterthurer Bibliothek mit einer Willkommenskultur initiiert. Anastasiia Kurmann hat am Anfang beim wöchentlichen Angebot übersetzt. Inzwischen wird der Treffpunkt von entlohnten ukrainischen Geflüchteten selbst organisiert, die auch den Treffpunkt besucht haben. Ziel war von Anfang an die Selbständigkeit von Geflüchteten zu stärken und eine selbstorganisierte Aktivität zu entwickeln. Die Willkommenskultur dabei hat sich ausgezahlt.

Der «Treffpunkt Ukraine» richtet sich an Menschen, die aus der Ukraine geflüchtet sind, an Ukrainer/innen, die schon länger in der Schweiz leben, Gastfamilien und Interessierte. Der Treffpunkt zielt darauf ab, Menschen untereinander zu vernetzen, miteinander zu diskutieren und die Besucher/innen mit Stellen in Kontakt zu bringen, die in der Gemeinde helfen (Arbeitsmarkt, Sprachen, RAV). Ausserdem dient das Angebot als Informationsdrehscheibe und Startpunkt, um die Bibliothek kennenzulernen. Die Winterthurer Bibliothek bietet allen geflüchteten Menschen ein Gratis-Abo an.

Die Angst vor dem Fremden hat sich bei den ukrainischen Teilnehmenden sichtbar verringert. Die Geflüchteten kommen jetzt auch an anderen Tagen in der Bibliothek und sind mit Ort vertraut. Am Anfang brauchte es Vorarbeit vom Team, inzwischen läuft der Treffpunkt als selbstorganisierte Aktivität. Die Rolle der Bibliothek und ihrer Mitarbeitenden: Raum, Infrastruktur, Kaffee und Wasser bereitstellen – und natürlich die Willkommenskultur leben.

Diese offene Grundhaltung ermöglicht vieles: Beispielsweise ist aus dem «Treffpunkt Ukraine» die «Vorlesezeit Ukrainisch» entstanden, eine Vorlesestunde einer ukrainischen Kindergärtnerin für Mütter und Kinder. Ähnlich dem SIKJM-Projekt «Schenk mir eine Geschichte»  wird eine Geschichte mehrsprachig, auf Deutsch und dann auf Ukrainisch, vorgelesen. So können gleichzeitig geflüchtete und einheimische Kinder mit erreicht werden.

Kontakt

Amt für Jugend und Berufsberatung - Fachstelle Bibliotheken

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